Hintergründe des Konflikts

Die Gründe für die ausgeprägte Rivalität zwischen den beiden Vereinen sind verzwickt. Zum einen repräsentieren sie die beiden einwohnermäßig größten und wirtschaftlich bedeutendsten Metropolen des Landes, nämlich Madrid und Barcelona - zwei Städte mit vielen Gemeinsamkeiten, aber auch zahlreichen Unterschieden. Auf der einen Seite Madrid, Hauptstadt Spaniens, im Zentrum des Landes und Teil der historischen Landschaft Kastiliens. Auf der anderen Seite haben wir Barcelona, eine bedeutende Mittelmeerhafenstadt an der Nordostküste des Landes und zugleich Hauptstadt Kataloniens. Schon von Beginn an entstand eine Rivalität zwischen den beiden Städten und Regionen, vor allem in Hinsicht auf die geographischen, kulturellen, historischen und soziopolitische Gegensätze. In Folge dessen übertrug sich dieser Konflikt auch auf den Sport im Allgemeinen und konkret auf den Fußball.

Die Konfrontation verhärtete sich während der Epoche der Franco-Diktatur, als besonders in Katalonien der eigene Fußballklub zu einem Symbol des Widerstandes gegen die Zentralregierung und der Verteidigung der eigenen Kultur wurde. Zugleich galt Real als Repräsentant des zentralistischen und franquistischen Spaniens und bekam die Rolle des Widersachers zugeschoben.

Zwar brachte der Übergang von der Diktatur in eine Monarchie eine gewisse Entspannung, doch die Tatsache, dass es sich um die mit Abstand erfolgreichsten und anhängerstärksten Sportvereine des Landes handelt, reicht aus, um die große Rivalität am Leben zu halten.

Vor dem spanischen Bürgerkrieg

 Zu Beginn des 20. Jahrhunderts fand die Rivalität ausschließlich auf dem Feld statt, doch gab es auch hier schon Reibungen untereinander. Das allererste Spiel zwischen den Beiden fand kurz nach der Gründung Reals statt. Der FC Barcelona konnte sich am 13.05.1902 mit 3:1 durchsetzen. Der erste Konflikt ließ nicht lange auf sich warten  und ereignete sich im Pokalwettbewerb. Im zweiten Wiederholungsspiel fühlten sich die Katalanen vom Schiedsrichter benachteiligt und verließen einfach das Spielfeld. Somit zog Real ins Finale ein, das ausgerechnet in Barcelona ausgetragen wurde. Die Stimmung war natürlich dementsprechend aggressiv und erhitzte die Gemüter. Im Anschluss an das verlorene Finale beklagte sich der Verein auch über die boshafte Stimmung der katalonischen Fans. Auch im Kampf um die erste spanische Meisterschaft kreuzten sich die Wege der Vereine. Nach einer starken Hinrunde der Königlichen konnte Barca diese noch einholen und sicherte sich die erste Meistertrophäe. Zu Beginn des Bürgerkrieges kam es auch zum ersten politischen Streit abseits des Feldes. Bei Ausbruch des Gefechtes ersuchte Real die Teilnahme an der katalanischen Meisterschaft, um den  Kämpfen in der Hauptstadt zu entkommen. Das Vorhaben scheiterte einzig an dem Veto Barcelonas, das sich nicht dazu bereit erklärte den Konkurrenten aufzunehmen, obwohl alle anderen katalanischen Klubs ihre Zustimmung erteilt hatten.

Franquistische Diktatur

Erst nach dem Ende des Bürgerkrieges entstanden die größten Spannungen zwischen den Vereinen. Für viele ist nach wie vor der Startschuss der Rivalität, als es im Jahre 1943 zum Rückspiel im Pokal kam. Die Spieler des FC Barcelona wurden in der Kabine von einem Sicherheitsdirektor so eingeschüchtert, dass die Partie mit 1:11 verloren ging. Die damaligen Beschimpfungen und gegenseitigen Beschuldigungen der Vereine gingen soweit, dass der Verband beide Klubpräsidenten zum Rücktritt bewog.

Zehn Jahre später sorgte der Fall Alfredo di Stéfano für Aufsehen und trug nicht zur Verbesserung des Verhältnisses bei. Der Argentinier hatte bereits bei den Katalanen unterschrieben, bevor er zur Legende der Königlichen wurde, gespielt hat er in der Hafenstadt jedoch nie. Es gab Probleme mit der Spielerlizenz und Real unternahm einen weiteren Versuch di Stéfano doch noch in die Hauptstadt zu locken. Daraufhin entbrannte ein Transferstreit, in dem der Verband versuchte zu schlichten. Dieser entschied, dass der Spieler jeweils zwei Jahre für beide Klubs spielen sollte. Jenes Urteil befand der FC Barcelona als inakzeptabel und verzichtete auf den Transfer. Somit war der Weg für den Spieler frei, um sich den Königlichen anzuschließen. Warum es zu dem Verzicht kam, ist bis heute nicht erklärt. Jedoch kristallisieren sich zwei  Theorien heraus, weshalb der Argentinier nicht den Weg an die Mittelmeerküste fand. Die Fans machen das Franco-Regime dafür verantwortlich, das Druck auf den Verein ausübte, um nachzugeben. Die andere Behauptung besagt, dass di Stéfano absichtlich in Freundschaftsspielen schlecht spielte und das Interesse Barcas abklang, da man nicht mehr von seinen Fähigkeiten überzeugt schien. Was auch immer den Ausschlag gab, für Real war es mit das Beste was dem Verein passieren konnte. Durch den Transfer begann die glorreiche Zeit und man schrieb eine Ära. Mit dem Argentinier konnte man fünfmal hintereinander den Europapokal der Landesmeister gewinnen, sein Name wird immer mit dem Verein in Verbindung stehen.

Zu einer heftigen und unschönen Auseinandersetzung kam es im Pokalfinale 1968, das als „Finale der Flaschen“ in die Geschichtsbücher einging. Der FCB triumphierte im Bernabéu und es kam zu Ausschreitungen. Das Publikum begann Flaschen auf das Spielfeld und die Spieler zu werfen. Seitdem ist das Mitbringen von Glasflaschen in allen spanischen Stadien verboten.

Eine weitere Zuschauerausschreitung brachte das Rückspiel im Viertelfinale der Copa del Rey im Jahre 1970 mit sich. Beim Stand von 1:0 für Barcelona bekam Real einen unberechtigten Elfmeter zugesprochen. Der Gefoulte gab später an, dass das Foul klar außerhalb des Strafraums erfolgte. Nach heftigen Protesten wurde der Kapitän der Katalanen des Feldes verwiesen und die Stimmung kochte über. Die Zuschauer stürmten das Feld und sorgten für einen Spielabbruch, nur durch den Einsatz der Polizei konnten beide Mannschaften und die Menschenmassen voneinander getrennt werden. Für viele Fans des FC Barcelona war dies nur ein weiterer Beweis für die aus ihrer Sicht gegebene systematische Benachteiligung jener Tage.

Übergang in die Demokratie bis zur Gegenwart

Mit der Transition in Spanien im Jahr 1975 und dem Übergang zu einer parlamentarischen Demokratie, sowie der Gründung von autonomen Gemeinschaften wurde auch die politisch geprägten Spannungen zwischen den Klubs und vor allem der Anhängerschaft etwas geringer. Jedoch blieb die sportlich starke Rivalität erhalten. Zu politischen Konflikten kam es bis dato nicht mehr, doch kam es immer wieder zu Anfeindungen auf und abseits des Platzes. Im Finale des spanischen Supercups kam es erneut dazu, dass die Zuschauer aus der Reihe tanzten. Real gewann 1993 im Camp Nou und die Spieler drehten eine Ehrenrunde. Damit provozierten sie die Zuschauer so sehr, dass das erzürnte Publikum die siegreichen Spieler mit Gegenständen bewarf. Nur unter dem Einsatz der Polizei konnten die Königlichen das Stadion verlassen.

 

Auch die Rückkehr des Portugiesen Luis Figo ins Camp Nou stand unter keinem guten Stern. Der ehemalige Kapitän wechselte im neuen Jahrtausend ausgerechnet zum Erzfeind. Im Anschluss wurde er von den Medien und Fans verschmäht und bei jeder Rückkehr gellend ausgepfiffen und –gebuht. Den Höhepunkt dieser Causa ereignete sich zwei Jahre nach dem Wechsel. Dem Clásico ging eine aggressive Kampagne gegen Figo voraus. Die Situation drohte während des Spiels zu eskalieren. Als der Portugiese einen Eckball ausführen wollte, wurde er von mehreren gefährlichen Gegenständen beworfen. Hängen geblieben ist den meisten, dass ein Schweinekopf von den Rängen geschmissen wurde, doch es befanden sich auch Glasflaschen, Billardkugeln und sogar Klappmesser unter den Wurfgeschossen.

Im Jahr 2004 konnte Barcelona nach fünf Saisons endlich wieder die Meisterschaft bejubeln, allerdings kam es auf der Feier, durch einen ehemaligen Real-Spieler zu einem Interview der unschönen Art. Der Kameruner Samuel Eto’o gelang über die Zwischenstation RCD Mallorca zum FC Barcelona. Gleich in seiner ersten Saison gewann er den nationalen Titel mit seinem neuen Klub. In dem Übermut der Feierlichkeiten sagte er in einem Interview vor laufenden Kameras: „Madrid, cabrón, saluda al campéon!“ (übersetzt: „Madrid, du Scheißverein, huldige dem Meister“). Im Gegensatz zu den Fanausschreitungen eher ein kleiner Fauxpas, aber es zeigt, dass selbst ehemalige Spieler die Rivalität verinnerlichen, neu ausleben und die Seiten wechseln.

Da gleicht es fast schon einer Sensation, was sich ein paar Monate später im Bernabéu abspielte, als Barcelona den Clásico für sich entschied. Nach Spielende erhob sich das Publikum und gab dem Brasilianer Ronaldinho stehende Ovation. Kurioserweise spielte er nicht für Real, sondern beim Erzrivalen. Doch seine Leistung in diesem Spiel war so beeindruckend, dass selbst die gegnerischen Fans diese anerkannte. Immer wieder zeigte er phantastischen Dribblings und erzielte zwei Treffer. Diese Ehre wurde ansonsten nur noch Diego Armando Maradona zuteil.

Wiederum drei Jahre später wurde Real einen Spieltag vor dem Clásico Meister und die Gäste standen dem neuen Champion vor Spielbeginn Spalier. Dies hat in Spanien Tradition und dennoch kam es einer Demütigung gleich, dem Rivalen so in seinem eigenen Stadion begrüßen zu müssen. Zu allem Übel verlor Barca die Partie auch noch mit 1:4.

In der darauffolgenden Saison spitze sich der Meisterschaftskampf zu. Vier Spieltage vor Saisonende führten die Katalanen das Tableau mit vier Punkten an. Es kam zum direkten Duell in Madrid. Mit einem Sieg hätte Real nochmal herankommen können, doch es kam anders. Barca dominierte das Spiel und gewann hochverdient mit 6:2. Damit wurden die Titelträume von den Königlichen begraben und der FCB krönte sich quasi im Bernabéu zum Champion.

it der Inthronisierung von Pep Guardiola in Barcelona und José Mourinhos in Madrid, bekam der Clásico wieder weltweit Aufmerksamkeit. Die beiden Startrainer prägten diese Jahre und sorgten für hitzige Reibungen abseits des Platzes. Dabei ist es vor allem der Portugiese, der immer wieder unter die Gürtellinie ging und auch handgreiflich wurde. Nicht nur auf dem Platz wehte ein anderer Wind und es folgten viele gelbe und rote Karten in den direkten Duellen, auch abseits des Spieles kam es zu häufigen Provokationen. Guardiola ließ dagegen seine Titel sprechen, schließlich konnte er in dieser Zeit sieben Titel abräumen, Mourinho hingegen nur zwei. In der Saison 2010/11 fand die Paarung ihren Höhepunkt, als es in einer Saison zu fünf Clásicos kam. Neben den jährlichen Ligabegegnungen traf man auch im Pokalfinale und im Halbfinale der Champions League aufeinander.

Nachdem beide Trainer nicht mehr bei den Klubs arbeiten, ist es etwas ruhiger geworden. Zwar sind die Spiele immer noch ein großes Highlight für die Fußballwelt und die Fans, doch werden die Duelle nicht mehr von medialen Schlammschlachten begleitet. Dadurch verlieren sie nicht an Brisanz, allerdings stehen sie auch nicht mehr so im Fokus. Mehr und mehr in diesen rücken die Protagonisten Cristiano Ronaldo und Lionel Messi, da sie die Gesichter ihrer Vereine sind und alle Einzelauszeichnungen unter sich ausmachen. Trotz allem wird die Rivalität dieser beiden Vereine niemals enden und man darf sich über weitere spannende und großartige Spiele freuen. Für jeden ist es ein Genuss diese beiden Mannschaften gegeneinander spielen zu sehen. Zwar können die Kämpfe und Reibereien abseits des Platzes wegfallen, doch gerade auf den Platz freut man sich auf diese Duelle. Man darf gespannt sein, wann es das nächste Highlight, welcher Art auch immer gibt.  

 

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